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Mehr Informationen„Das Ergebnis ist so nah, so echt, so wunderschön, wir sind gefangen.“
(Barbara 04/2020)„Eine wunderbare Hommage“
(Hifi & Records 4/2020)„Auf den originellen Jazzsänger stieß ich in Berlin. Die Liveplatte berührt mit alten Stücken, die er ins Jetzt transformiert“
(Album Tipp im Guido 03/2020)„Als Traditonspfleger überrascht Leuthäuser vor allem durch seine makellose Intonation – und das in einer Liveaufnahme!“
(FAZ 10.02.20)„Leuthäuser betört das Publikum mit seiner hinreißenden jugendlichen Samtstimme.“
(JazzThing Feb./März 2020)
Mit klassischen Jazzaufnahmen verhält es sich nicht anders als mit antiken Städten wie Troja oder Ephesos. Nichts geht unter der Oberfläche jemals verloren, alles kommt wieder. Mitte der 1970er Jahre nahm die amerikanische Sängerin Irene Kral mit dem Pianisten Alan Broadbent die beiden Alben „Where Is Love“ und „Gentle Rain“ auf. Diese beiden an Intimität und Authentizität kaum zu überbietenden Platten wären in Lauf eines knappen halben Jahrhunderts fast in Vergessenheit geraten. Der Berliner Sänger Erik Leuthäuser greift diese wunderbaren Kleinodien nun gemeinsam mit Pianist Wolfgang Köhler auf, um ihnen über 40 Jahre später ein in seiner schillernden Transparenz fast schon provokantes Wiederhören der ganz persönlichen Art zu ermöglichen.
Für den umtriebigen Sänger geht mit diesem Album ein Traumprojekt in Erfüllung. „Ausgehend von Susannah McCorkle, einer meiner Lieblingskünstlerinnen, habe ich mich schon lange mit Sängerinnen wie Irene Kral beschäftigt“, bekennt Leuthäuser. „Mich fasziniert diese Kombination aus Jazz und Cabaret, also Sängerinnen und Sänger, die mit ihren Songs Geschichten erzählen. An Irene Kral und Alan Broadbent interessiert mich speziell das Duo-Format. Auf ihren beiden Platten ergänzen sich diese beiden Musiker so großartig. Aber sie haben auch eine besondere Songauswahl getroffen. Manche dieser Lieder waren zuvor total unbekannt. Die Kombination aus Songsauswahl und Interaktion hat mich sehr berührt.“
Erik Leuthäuser ist für seine offensive Art bekannt, Schnittstellen zwischen Zuständen abgeschlossener und offener Vergangenheit, wie auch verschiedenen Formen gegenwärtiger Gedächtnisarbeit zu finden. Schon auf seiner CD „Wünschen“ (2018, u.a. mit Greg Cohen, Kurt Rosenwinkel und Joey Baron) hat er sich in die Zwischenbereiche von Schein und Wirklichkeit des individuellen und gesellschaftlichen Selbstverständnisses gewagt. Gemeinsam mit Pianist Wolfgang Köhler greift er nun die Intentionen von Irene Kral und Alan Broadbent kongenial auf und transformiert sie mit berührender Leidenschaft in die Gegenwart, ohne seine Faszination für den historischen Background zu korrumpieren. Zur Intensität der Aufnahme trägt sicher auch Leuthäusers Entscheidung bei, diese Songs nicht im Studio aufzunehmen, sondern sich mit der Performance einem unvorbereiteten Publikum zu stellen. „Es war schon immer ein Traum von mir, eine Liveplatte zu machen. Jetzt endlich fühle ich mich gesanglich dafür bereit. Ich wusste, dass Wolfgang Köhler dieses Duo ebenso mag wie ich, und der Berliner Jazzclub A-Trane war der ideale Schauplatz.“
Leuthäusers Kommunikation mit dem Publikum ist ein wichtiger Teil seiner Message. In der direkten Tuchfühlung mit den Konzertbesuchern wird er zum Conferencier seiner eigenen Show. Er bereitet sich ausgiebig auf jeden einzelnen Song vor und erzählt dem Publikum die dazugehörige Geschichte. Auf diese Weise entfalten sich die Songs wie ein Geschichtentheater. Der Respekt gegenüber dem Material besteht für die beiden Berliner, die sich als Schüler und Lehrer am Jazzinstitut Berlin begegnet sind, nicht zuletzt darin, auch immer wieder die Verbindungslinien zu sich selbst offenzulegen. Leuthäuser und Köhler gelingt der Spagat, den originalen Interpretationen treu zu bleiben und sie trotzdem in ihre eigene DNA zu übersetzen. Besonders der Sänger hat sich nicht nur auf die Persönlichkeit von Irene Kral eingelassen, sondern auch ihr im übertragenen Sinne erlaubt, sich auf ihn einzulassen. „In der Vorbereitung auf die CD habe ich jede greifbare Version der Stücke unzählige Male gehört. Ich ließ es wirken und schaute, was es mit mir macht. Welche Version gefällt mir aus welchem Grund? Schließlich habe ich die Stücke gesungen, ohne viel darüber nachzudenken. So bemerkte ich die Schnittstellen zwischen Irene Kral und mir.“
Bei aller Demut der Einlassung bringt Leuthäuser auch den Mut auf, die Songs zu kommentieren. Gerade diese Wertungen verleihen dem Album eine betörende Lebendigkeit. Aspekte wie tradierte Geschlechterbilder belässt er im Kokon ihrer Zeit und distanziert sich auf charmante Weise von ihnen, ohne die Intention des jeweiligen Songs zu diffamieren oder gar zu denunzieren. Es gibt nicht allzu viele Live-Alben, auf denen man solche Statements hören kann. „Manche Songs, die ich kompositorisch und interpretatorisch toll fand, haben Textstellen, die zu mir als Person nicht passen. Manchmal empfand ich es als notwendig, den Text dezent zu ändern oder zu kommentieren und in den Kontext seiner Zeit zu stellen. In diesen Fällen ging es mir nicht zuletzt darum, den Unterschied zwischen damals und heute herauszustellen und zu sagen, wie ich darüber denke. Ich glaube, nur so bleibt es für das Publikum spannend.“
Leuthäuser und Köhler bemühen sich nicht, auf Teufel komm raus einen aktuellen Überbau auf die Songs zu pfropfen. Der Zeitsprung gelingt ihnen dennoch, weil sie sich mit ihrer ganzen Persönlichkeit im Hier und Jetzt der Vergangenheit stellen. Leuthäuser betont, dass die Songs für ihn selbst immer ganz dicht an der Gegenwart dran waren. Er hatte nur sehr selten das Gefühl, das eine oder andere Stück würde nicht in die heutige Zeit passen. „Die Songs stehen für eine ganz andere Ästhetik als auf meinem letzten Album, aber sie sind auf ihre Weise ebenso aktuell.“
Beim Hören von Leuthäusers Interpretationen könnte man glauben, Kral und Broadbent hätten die Songs nur deshalb vor mehr als einem halben Jahrhundert aufgenommen, damit der junge Berliner sie heute aufgreifen kann. Schon seit frühester Jugend hatte er sich für Lieder dieser Art begeistert. Seine einzigartige Überzeugungskraft beruht darauf, dass es sich für ihn ganz natürlich anfühlt, diese Stücke heute zu singen.